Geboren: 1983 in Neuwied
- Abitur am Rhein-Wied-Gymnasium in Neuwied
- Studium an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz
- Referendariat am Oberlandesgericht Koblenz
Das OLG Koblenz hat in einer neueren Entscheidung bestätigt, dass auch dann, wenn eine im Sterben begriffene Person unter Schmerzmitteleinfluss steht, diese unter Mitwirkung eines Notars auch in einem Hospiz einen wirksamen Erbvertrag schließen kann.
Der Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde:
Ein Vater setzt zunächst seinen einzigen Sohn zu seinem Alleinerben ein. Jahrzehnte später liegt der Vater im Sterben. Seine Ehefrau sucht ihn mit einem Notar im Hospiz auf. Der Vater steht unter dem Einfluss starker Schmerzmittel und ist kaum ansprechbar. Der Notar bittet das Krankenhauspersonal die Schmerzmittel zu reduzieren und kommt am nächsten Tag mit der Mutter wieder. Die Schmerzmitteldosis des Vaters war nur leicht reduziert worden. Der Notar hält den Vater jedoch für geistig hinreichend klar und verliest ihm den neuen Erbvertrag, in dem sich Mutter und Vater gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Der Vater nickt und unterzeichnet laut Notar den Erbvertrag. Zwei Tage später verstirbt er. Der Sohn hält den neuen Erbvertrag für unwirksam, da sein Vater nicht mehr bei Sinnen gewesen und auch die Unterschrift nicht die seines Vaters sei. Als Beweis deutet er zum einen auf die Notizen der Ärzte, die den Vater mehrfach nachts als desorientiert bezeichnet haben und reicht eine 50 Jahre alte Unterschrift seines Vaters zum Vergleich ein. Er erhebt Anspruch auf den Nachlass.
Das OLG Koblenz ist der Argumentation des Sohnes nicht gefolgt und hat die Wirksamkeit des Erbvertrags bestätigt:
Nach dem Gesetz wird nämlich vermutet, dass ein Erwachsener testierfähig ist, also wirksam über seinen Nachlass verfügen kann. Wer sich, wie der Sohn auf die Unwirksamkeit eines Testaments beruft, muss die Testierunfähigkeit des Erblassers beweisen. Das ist dem Sohn hier nicht gelungen. Zwar stand der Vater unter gehörigem Schmerzmitteleinfluss. Er hatte jedoch keine Dosis eingenommen, die ihn erheblich geistig einschränken könnte. Nächtliche Verwirrung ist bei älteren, schwer erkrankten Menschen im Krankenhaus häufig der Fall und oft auf die Nacht beschränkt. Am Tage können die Patienten hinreichend klar Gedanken fassen. Ein solcher „lichter Moment“ sei ausreichend. Auch kann nicht deshalb auf Testierunfähigkeit geschlossen werden, weil der Notar den Vater am Vortag für verwirrt gehalten hat. Denn der Notar selbst beschrieb den Zustand des Vaters am nächsten Tag ebenso wie mehrere Zeugen als geistig klar.
Für notarielle Verträge ist es auch ausreichend, dass ein Vertragspartner seine Zustimmung lediglich durch eine Geste kundtut, solange das notarielle Dokument auch unterschrieben wird. Die Tatsache, dass die Unterschrift unter dem Erbvertrag Unterschiede zu einer 50 Jahre alten Unterschrift des Erblassers aufweist, ist kein Indiz für eine Fälschung.
Im Ergebnis wurde also die Mutter Alleinerbin.
Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass bei Zweifeln an der Testierfähigkeit des Erblassers lieber ein Notar aufgesucht werden sollte, der diese im günstigsten Fall bestätigt. Es besteht dann in aller Regel kaum eine Möglichkeit die beurkundete letztwillige Verfügung anzugreifen.
(Oberlandesgericht Koblenz, Urt. v. 15.11.2018, Az. 1 U 1198/17)
In dem vor dem Oberlandesgericht Braunschweig anhängigen Musterfeststellungsverfahren wird das Gericht am 30. September 2019 erstmals verhandeln. Es wird mit Spannung erwartet, ob das Gericht bereits eine erste Einschätzung mitteilen wird und von einer bewussten Täuschung der Kunden durch die Volkswagen AG ausgeht. Die Verhandlung ist öffentlich, sodass grds. jeder hieran teilnehmen darf. Er dürfte zu erwarten sein, dass auch die Medien hierüber mit großem Interesse berichten werden.
Verbraucherinnen und Verbraucher können sich bis dahin weiterhin im Klageregister beim Bundesamt für Justiz anmelden, um sich der Musterfeststellungsklage anzuschließen. Der 30. September 2019 ist auch der letzte Termin, zu dem man seine Anmeldung für das Register zurücknehmen kann.
Wann das Oberlandesgericht letztlich ein Urteil verkündet, ist derzeit noch nicht bekannt.
Die aktuelle diese Problematik hat derzeit auch an Brisanz zugenommen, da neben den Motoren des Typs EA 189 die Gegenstand des Musterverstellungsverfahrens sind, bestimmte leitungsstärkere V-TDI Motoren der Volkswagen AG im Verdacht stehen mit einer unzulässigen Software der Motorsteuerung ausgestattet zu sein.
Insofern ist noch kein Muster Feststellungverfahren anhängig, sodass die Ansprüche derzeit individuell geltend gemacht werden müssten.
Falls Sie über ein entsprechendes Fahrzeug verfügen, prüfen wir gerne, ob die Durchsetzung entsprechender Ansprüche erfolgversprechend ist.
Kunden der Volkwagen AG und ihrer Marken Volkswagen, Audi, Skoda und Seat mit Dieselmotoren des Typs EA 189 haben noch bis zum 31.12.2018 die Möglichkeit, Schadenersatzansprüche gegen den Fahrzeughersteller geltend zu machen, da ansonsten die Verjährung der Ansprüche droht. Die Verjährung kann hierbei grundsätzlich nur durch die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche gehemmt werden, d.h. die Kunden müssen ihre Ansprüche einklagen.
Grundsätzlich muss dabei jeder Kunde selbst seine Ansprüche vor Gericht geltend machen und hierbei jeweils die Voraussetzungen seines Anspruchs darlegen und beweisen: So muss z.B. nachgewiesen werden, dass durch die Manipulation des Motors tatsächlich ein Schaden entstanden ist. Dies ist mitunter schwierig und kann enorme Kosten verursachen.
Der Gesetzgeber hat dieses Problem erkannt und versucht, über die so genannte Musterfeststellungsklage zu erreichen, dass viele der Fragen, die ansonsten jeder Kunde einzeln klären lassen müsste, konzentriert in einem Verfahren geklärt werden.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen wird deshalb in Kooperation mit dem ADAC am 1. November 2018 eine Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG einreichen. Ziel ist die Feststellung, dass Volkswagen mit der Software-Manipulation Kunden vorsätzlich sittenwidrig geschädigt und betrogen sowie Fahrzeuge unzulässig in den Verkehr gebracht hat und betroffenen Käufern Schadenersatz schuldet.
Betroffene Kunden können sich ab Mitte November im Klageregister anmelden.
Hierdurch könnte ebenfalls erreicht werden, dass die Verjährung der Ansprüche gehemmt wird.
Allerdings kann der Kunde mit der Musterfeststellungsklage nicht unmittelbar erreichen, dass der Fahrzeughersteller ihm Schadenersatz zahlt: Er muss die Zahlung deshalb ggf. in einem weiteren Gerichtsverfahren geltend machen. Dieses Verfahren könnte im günstigsten Fall schnell abgeschlossen werden, da in dem Musterfeststellungsverfahren die wesentlichen Fragen bereits geklärt worden wären.
Gerne beraten wir Sie, welche Vorgehensweise in Ihrem Fall zweckmäßig ist..
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12.07.2018 entschieden, dass der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk grundsätzlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten übergeht und diese einen Anspruch gegen den Netzwerkbetreiber auf Zugang zu dem Konto einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte haben.
Über diesen Fall hatten wir bereits berichtet:
Die Tochter der Klägerin verfügte über einen Account bei einem sozialen Netzwerk. 2012 verstarb das Mädchen unter bisher ungeklärten Umständen infolge eines U-Bahnunglücks. Die Klägerin versuchte hiernach, sich in das Benutzerkonto ihrer Tochter einzuloggen. Dies war ihr jedoch nicht möglich, weil die Beklagte es inzwischen in den sogenannten Gedenkzustand versetzt hatte, womit ein Zugang auch mit den Nutzerdaten nicht mehr möglich ist. Die Inhalte des Kontos bleiben jedoch weiter bestehen.
Die Klägerin beansprucht mit ihrer Klage von der Beklagten, den Erben Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto zu gewähren, insbesondere zu den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten. Sie macht geltend, die Erbengemeinschaft benötige den Zugang zu dem Benutzerkonto, um Aufschluss darüber zu erhalten, ob ihre Tochter kurz vor ihrem Tod Suizidabsichten gehegt habe, und um Schadensersatzansprüche des U-Bahn-Fahrers abzuwehren.
Der Bundesgerichthof hat nun zugunsten der Mutter als Erbin ihrer Tochter entschieden:
Die Erben haben gegen die Beklagte einen Anspruch, ihnen den Zugang zum Benutzerkonto der Erblasserin und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten zu gewähren. Dies ergibt sich aus dem Nutzungsvertrag zwischen der Tochter der Klägerin und der Beklagten, der im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erben übergegangen ist. Dessen Vererblichkeit ist nicht durch die vertraglichen Bestimmungen ausgeschlossen.
Eine Differenzierung des Kontozugangs nach Vermögenswerten und höchstpersönlichen Inhalten scheidet aus. Nach der gesetzgeberischen Wertung gehen auch Rechtspositionen mit höchstpersönlichen Inhalten auf die Erben über. So werden analoge Dokumente wie Tagebücher und persönliche Briefe vererbt, wie aus § 2047 Abs. 2 und § 2373 Satz 2 BGB zu schließen ist. Es besteht aus erbrechtlicher Sicht kein Grund dafür, digitale Inhalte anders zu behandeln.
Einen Ausschluss der Vererblichkeit auf Grund des postmortalen Persönlichkeitsrechts der Erblasserin hat der Bundesgerichtshof ebenfalls verneint.
Auch das Fernmeldegeheimnis steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Der Erbe ist, da er vollständig in die Position des Erblassers einrückt, jedenfalls nicht "anderer" im Sinne von § 88 Abs. 3 TKG.
Schließlich kollidiert der Anspruch der Klägerin auch nicht mit dem Datenschutzrecht.
Fazit: Die Entscheidung stellt ausdrücklich dar, dass Zugangsdaten zu sozialen Netzwerken (ebenso wie andere Daten) nach denselben Regeln vererbt werden können, wie sonstiges Vermögen.
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Auch wenn zunächst die Bewältigung eines Trauerfalles im Vordergrund steht, ist früher oder später zu klären, wer für die Kosten der Bestattung des Verstorbenen aufkommt:
Sind Angehörige des Verstorbenen vorhanden, ist zunächst zu klären, ob diese zu Erben berufen worden sind: Grundsätzlich hat dann nämlich der Erbe sämtliche Kosten der Beerdigung des Erblassers zu tragen. Mehrere Erben haften gleichrangig nebeneinander.
Der Erbe hat stets die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen. Dies hat grundsätzlich zur Folge, dass er dann auch nicht mehr für die Schulden des Erblassers haftet. Dies gilt jedoch nicht unbedingt für die Beerdigungskosten:
Wenn nämlich sämtliche Erben wirksam ausgeschlagen haben, kommt (nachrangig) eine familienrechtliche Haftung als Unterhaltspflichtiger in Betracht. Eine entsprechende Pflicht zur Übernahme von Beerdigungskosten kann sich dann aus § 1615 Abs. 2 BGB ergeben:
Hiernach hat im Fall des Todes eines Unterhaltsberechtigten der Unterhaltsverpflichtete die Kosten der Beerdigung zu tragen. Unterhaltsverpflichtet sind u.a. Eltern für ihre Kinder und umgekehrt. Diese Kostentragungspflicht des Unterhaltspflichtigen hat also nichts mit der Ausschlagung der Erbschaft zu tun.
Wenn keine Erben vorhanden sind oder alle Erben das Erbe ausschlagen haben bzw. keine unterhaltspflichtigen Angehörigen vorhanden sind, kann sich eine Verpflichtung zur Übernahme der Bestattungskosten aus der sog. „öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht“ ergeben: Hiervon betroffen sind „Angehörige“ des Erblassers, insbesondere Geschwister des Erblassers und deren Kinder, Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte in auf- und absteigender Linie, Adoptiveltern und Adoptivkinder. Wiederum gilt, dass diese Verpflichtung unabhängig von einer etwaigen Ausschlagung bestehen kann.
Selbst wenn keinerlei persönliche Beziehungen zu dem Verstorbenen bestanden haben, kann eine entsprechende Verpflichtung bestehen. Voraussetzung ist jedoch stets die finanzielle Leistungsfähigkeit des Angehörigen.
Sollten weder Erben noch sonstige Verwandte bzw. Angehörige für die Bestattungskosten haften, ist der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Kosten verpflichtet. Dieser ist jedoch nur dazu verpflichtet die „erforderlichen“ Kosten der Bestattung zu übernehmen, d.h. die Kosten einer einfachen, ortsüblichen Bestattung.
Der Erblasser hat zu Lebzeiten die Gelegenheit seine Erben bzw. Verwandten vor entsprechenden Kosten zu schützen, indem er beispielsweise in einem entsprechenden Bestattungsvertrag selbst seine Bestattung regelt. Angehörige, die sich vor entsprechenden Kosten schützen möchten, können etwa spezielle Versicherungen abschließen.
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Was eigentlich wie eine Selbstverständlichkeit klingt, musste das Oberlandesgericht Köln vor kurzem in zweiter Instanz im Rahmen eines Rechtsstreits klarstellen:
Der Erblasser hatte ein halbes Jahr vor seinem Tod erfahren, dass er an Lungenkrebs erkrankt war. Kurze Zeit später traten Lähmungserscheinungen an seinem rechten Arm auf. Nach seinem Tod tauchten zwei als „Testament“ überschriebene und mit der Unterschrift des Erblassers versehene Schriftstücke auf, die sich jedoch inhaltlich widersprachen: In dem einen Schriftstück waren die Nachbarn, in dem anderen Schriftstück war ein Verwandter des Erblassers als Erbe eingesetzt worden. Die Nachbarn beantragten einen Erbschein und beriefen sich erwartungsgemäß auf das sie begünstigende „Testament“. Die Geschwister des Erblassers machten geltend, dass beide Testamente gefälscht worden seien und dass sie deshalb gesetzliche Erben Ihres Bruders geworden seien.
Wie sich später herausstellte war das „Testament“ zu Gunsten des Verwandten in der Tat gefälscht worden und daher unwirksam.
Dies galt jedoch nicht für das „Testament“ der Nachbarn: Das Schriftbild des Erblassers erschien so, als stamme auch dieses Schriftbild nicht von dem Erblasser. Die Nachbarn trugen jedoch vor, dass er es aufgrund der Lähmung des rechten Armes mit der für ihn als Rechtshänder ungeübten linken Hand habe schreiben müssen.
Nach einer umfangreichen Beweisaufnahme, in welcher u.a. ein graphologisches Gutachten eingeholt wurde, sah es das Oberlandesgericht Köln wie auch die Vorinstanz als erwiesen an, dass das die Nachbarn begünstigende Testament den gültigen letzten Willen des Erblassers beinhalte. Der gerichtlich bestellte Schriftsachverständige konnte zwar nicht mit Sicherheit bestätigen, dass das Testament vom Erblasser stammte, weil es kein geeignetes Vergleichsmaterial von Schriftstücken mit der linken Hand des Erblassers gab. Allerdings konnte ein Zeuge glaubhaft bestätigten, bei der Abfassung des mit der linken Hand geschriebenen Testaments dabei gewesen zu sein. Für das Gericht war es auch unerheblich, dass ein mit einer schreibungewohnten Hand geschriebenes Testament wesentlich unregelmäßiger aussehen müsste, da es Menschen gebe, die mit ihrer schreibungewohnten Hand ein regelmäßiges -wenn auch krakeliges- Schriftbild erzeugen können.
(OLG Köln, Urteil vom 03.08.2017, Aktenzeichen 2 Wx 149/17 )
Da bei der Erstellung eines eigenhändigen Testaments nicht stets ein Zeuge zur Stelle sein dürfte (welcher den Erblasser auch auf jeden Fall überleben müsste), dürfte es sich anbieten im Fall der Fälle lieber einen Notar aufzusuchen, der den eigenen Willen trotz Behinderung der Schreibhand rechtswirksam zu Papier bringt.
Wer Erbe wird, wird nicht nur Eigentümer eines neuen Vermögens: Er erbt mitunter auch Schulden des Verstorbenen, für welche er nunmehr selbst in Anspruch genommen wird.
Hat der Verstorbene einen Angehörigen übergangen, der nach dem Gesetz eigentlich auch zum Erben berufen worden wäre, hat der übergangene Angehörige die Möglichkeit, gegen den Erben seinen Pflichtteil geltend zu machen. Damit er überhaupt berechnen kann, in welcher Höhe ein Anspruch besteht, gibt ihm das Gesetz u.a. die Möglichkeit den Erben zur Auskunft über den Bestand der Erbschaft aufzufordern. Damit der Erbe die Auskünftige mit der nötigen Sicherheit und Vollständigkeit erteilt, kann der übergangene Angehörige von dem Erben sogar verlangen, dass er bei einem Notar ein sog. Nachlassverzeichnis erstellen lässt. Ein solches ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, die grundsätzlich von dem Erben aus der Erbschaft getragen werden müssen.
Der Erbe darf die Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses aber dann verweigern, wenn der Nachlass nicht ausreicht, um die Kosten des Nachlassverzeichnisses zu tragen. Dann handelt es sich um einen sogenannten „dürftigen“ Nachlass.
Das Oberlandesgericht München hat nunmehr jedoch in einem interessanten Urteil entschieden, dass der Erbe auch im Falle eines dürftigen Nachlasses ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellen muss, wenn der Pflichtteilsberechtigte ihm gegenüber erklärt, die anfallenden Kosten übernehmen zu wollen: Das Oberlandesgericht München hat zunächst betont, dass dem Pflichtteilsberechtigten grundsätzlich die Möglichkeit bleiben muss, ein Nachlassverzeichnis durch einen Notar anfertigen zu lassen, weil den Notar eigene Ermittlungspflichten treffen und dieser für den Inhalt des Verzeichnisses selbst verantwortlich ist. Der Pflichtteilsberechtigte müsse sich hierdurch nicht mehr allein auf die Angaben des Erben verlassen.
Es hat zwar den in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz bestätigt, nach welchem ein Anspruch auf Vorlage eines Nachlassverzeichnisses dann ausgeschlossen ist, wenn der Nachlass so gering ist, dass aus ihm nicht einmal die Kosten für den Notar entnommen werden können. Es hat hiervon jedoch dann eine Ausnahme gemacht, wenn der Pflichtteilsberechtigte dem Erben anbietet die anfallenden Kosten des Notars zu übernehmen. Zwar bliebe der Erbe rein formell der Auftraggeber des Notars und müsse im Verhältnis zu diesem dessen Kosten übernehmen. Durch die Kostenübernahmeerklärung des Pflichtteilsberechtigten könne er die Kosten dann aber diesem gegenüber geltend machen.
(OLG München, Urteil vom 01.06.2017 – 23 U 3956/16)
Nun kann man sich die Frage stellen, warum ein Pflichtteilsberechtigter die Vorlage eines Nachlassverzeichnisses verlangen soll, wenn der Nachlass noch nicht einmal dazu ausreicht die anfallenden Notarkosten zu decken: Dies macht zumindest dann Sinn, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten umfangreiche Schenkungen an Dritte oder den Erben vorgenommen hat, welche gegebenenfalls zu einer Erhöhung des Pflichtteils führen können. Diese müssen nämlich grundsätzlich ebenso von dem Notar im Rahmen des Nachlassverzeichnisses berücksichtigt werden.
Das Urteil des Oberlandesgerichts München macht jedenfalls deutlich, dass man nicht ohne weiteres die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten ablehnen kann, weil der Nachlass dürftig ist.
Die Frage ob auch der sog. „digitale Nachlass“, also etwa die Zugriffsdaten für Emailkonten und soziale Netzwerke, zum Nachlass eines Verstorbenen gehören und damit von dessen Erben genutzt werden können, wird derzeit heftig diskutiert: Grundsätzlich gehen mit dem Tode eines Menschen sämtliche Forderungen aus einem Vertrag auf die Erben über und können von diesen geltend gemacht werden. Doch gilt das auch für den Facebook-Account des Verstorbenen, der möglicherweise höchstprivate Daten des Verstorbenen enthält?
Mit dieser spannenden Frage beschäftigt sich derzeit das Kammergericht Berlin: Die Mutter eines unter ungeklärten Umständen verstorbenen Mädchens hatte Facebook darauf verklagt, ihr Zugriff auf das Nutzerkonto ihrer Tochter zu gewähren. Ziel war es, durch Chatverläufe oder Nachrichten der Tochter möglicherweise neue Erkenntnisse zu deren Todesumständen zu gewinnen.
Das Landgericht Berlin hatte in erster Instanz im Sinne der Mutter entschieden und Facebook zur Herausgabe der Nutzerdaten verurteilt: Das Gericht hatte argumentiert, dass es sich bei den Daten um nichts anderes handelt als sonstige Nachlassgegenstände, die in das Erbe fielen. Das Gericht verglich einen Facebook-Account u.a. mit einem Tagebuch, welches ohne weiteres vererbbar sei. Gründe, dies bei digitalen Daten anders zu handhaben, seien nicht ersichtlich. Auch das Persönlichkeitsrecht der Tochter stünde dem nicht entgegen, da bei minderjährigen Kindern die Sorgeberechtigten wissen müssten, mit wem ihr Kind kommuniziert. Facebook hatte hingegen argumentiert, dass durch die Veröffentlichung auch die Nutzer betroffen wären, die mit der Tochter kommuniziert hatten. Diese dürften sich darauf verlassen, dass diese Inhalte vertraulich behandelt würden.
Facebook hat die Entscheidung nicht akzeptiert und hat Rechtsmittel eingelegt, so dass der Fall vor dem Kammergericht Berlin verhandelt wird. In der mündlichen Verhandlung hat sich das Gericht noch nicht festlegen wollen, in welche Richtung es entscheiden wird und hat beiden Seiten einen Vergleich vorgeschlagen. Das Kammergericht Berlin hat allerdings Zweifel geäußert, ob die Mutter sich auf ihr Sorgerecht berufen könne, da dieses grds. mit dem Tode der Tochter erloschen sei. Sollte eine Einigung nicht zustande komme, wird das Gericht am 30.05.2017 eine Entscheidung verkünden (Kammergericht Berlin - 5 U 42/12).
Die Entscheidung des Kammergerichts wäre zwar möglichweise wegweisend. Eine Bindungswirkung für andere Gerichte besteht jedoch nicht. Der Bundesgerichtshof hat sich noch nicht mit dieser Frage auseinandergesetzt.
Man kann sich derzeit also nicht darauf verlassen, dass im Falle des Todes die nächsten Angehörigen ohne Weiteres Zugriff auf sämtliche Email-Fächer und sozialen Netzwerke erhalten. Sie sollten daher eine Person Ihres Vertrauens zu Ihrem „digitalen Nachlassverwalter“ bestimmen und in einer Vollmacht oder einem Testament für diese Person festlegen, dass sie sich um Ihr digitales Erbe kümmern soll. Der Vollmacht sollten Sie auch die entsprechenden Nutzerdaten beilegen.